Weitab von anderen menschlichen Behausungen lebte Jupp. Jupp war ein an Jahren reicher Eremit – ein Heilkundiger, der sich auf das Besprechen von Warzen, aber auch auf allerlei wirksame Heiltränke und -cremes verstand. Darüber hinaus barg er noch andere Geheimnisse, denn zu seinen Leidenschaften zählte das Züchten neuer Obst- und Gemüsesorten.
Hinter dem Haus des grauhaarigen Eremiten lag ein Feld, in dessen Furchen Kartoffelpflanzen heranwuchsen. Jupp hegte und pflegte die Pflänzchen – er sammelte Ungeziefer ab, zog in mühsamer Handarbeit das Unkraut aus dem Boden und lockerte die Erde auf, so dass die Pflanzen gut gedeihen konnten.
In einer warmen Septembernacht – zur Geisterstunde – betrat Jupp den mondbeschienenen Garten. Glücksstrahlend setzte er sich auf einen Baumstumpf hinter seiner aus rohem Holz zusammengezimmerten Hütte und begann zu singen. Erst war es nur ein leises Summen, doch dann steigerte sich Jupps Gesang zu einer wohltönenden Melodie, die über Wald und Feld schwebte.
Die Bäume des Waldes begannen leicht zu schwingen und schließlich wiegten sich auch die Kartoffelpflanzen im Rhythmus der Melodie. Einzelne Ackerkrumen gerieten in Bewegung, begannen zu rollen und suchten auf der Erde nach neuem Halt. Als das ganze Feld zu schwingen schien, durchstießen junge Kartoffeln den lockeren Boden. Überall schauten sie aus der Erde, wiegten sich hin und her, fielen in Jupps Melodie ein und ließen mit ihm das Lied der singenden Back-Kartoffeln erschallen.
Noch während des Liedes, das weit in den Wald hineingetragen wurde, stellte Jupp sieben große, dunkle Weidenkörbe auf. Die Kartoffeln sprangen aus der Erde, hüpften in die ihnen am nächsten gelegene Furche und schoben sich darin wie auf einer Straße den Körben entgegen. Mit einem gewaltigen, für das Auge kaum nachvollziehbaren Sprung sausten die singenden Feldfrüchte in die Körbe hinein.
Am anderen Morgen trug Jupp die sieben Körbe nach und nach in seinen Keller, verbrannte das Kartoffelstroh und grub den Acker um. Nach getaner Arbeit bereitete er sich ein paar der neuen Brat-Kartoffeln in der einfach eingerichteten Küche zu, als die Türklingel ertönte. Überrascht ließ der Eremit die Pfanne auf dem Herd stehen und öffnete die Tür. „Bitte?“ knurrte er, denn er mochte keine Fremden, da sie oft nichts Gutes verhießen. Doch an der Haustür stand nur ein Busfahrer, der mit seinem Fahrzeug liegengeblieben war und um Sprit bat. Jupp wollte gerade erwidern, dass er nicht weiterhelfen könne, als das Handy des Busfahrers überraschend zu klingeln begann. Und in der Küche begann das Carmina Burana…
Neue Reizwörter:
Piraten, Aktiv-Reiniger, Fistelstimme, laminieren
(Post editiert am 19.09.2011 - 23:37) |