Neue Reizwörter:
Erscheinungsformen, Kekse essen, Schwebezustand, Vollpfosten
"Du kommst dann am Freitag? Um 15 Uhr gibt es Kaffee und Kuchen, sei pünktlich!" trällert Tante Klärchen ins Telefon. Kriminalkommissar Lichter beschwichtigt: "Tante Klärchen, du weißt, ich muss arbeiten und vor 16 Uhr habe ich kein Feierabend! Ich komme aber sofort danach zu dir. Heb mir Kaffee und Kuchen auf. Natürlich auch von deinen Keksen! Soll ich dir noch Zutaten zum Backen einkaufen?"
"Nein, das hat Gunter schon getan. Der gute Junge war gestern hier und hat mir alles besorgt. Sogar den neuen Süßstoff aus dem Bioladen. Also, dann bist Freitag!"
Wie jedes Jahr, denkt sich Lichter, organisiert Klärchen ihren Geburtstag, backt unvergleichlichen Kuchen und Kekse. Aber was dieser Taugenichts von Gunter da schon wieder wollte, merkwürdig. Der kommt doch nur um Geld zu schnorren, sonst ist der doch ewig klamm.
Tante Klärchen macht sich am Freitag früh ans Backen. Kuchen und Kekse gelingen wie immer gut. Zum krönenden Abschluss fehlt noch Puderzucker, überlegt Klärchen, das bisschen Zucker dürfen wir uns schon mal gönnen.
Sie schaut in den Küchenschrank und sucht nach dem Puderzucker. Ganz hinten findet sie eine Tüte, unbeschriftet, aber eindeutig Puderzucker. Fröhlich siebt Klärchen eine dicke Schicht auf Kuchen und Kekse.
Das Wohnzimmer ist schon mit Damastdecke und guten Kaffeegeschirr gedeckt. Die Standuhr tickt und es blinken die Sektgläser in der Sonne. Ein Fläschen Sekt zum Anstoßen steht schon im Kühlschrank.
Um 15 Uhr treffen die Gäste ein. Admiral von Grassode in seiner schnieken Uniform samt Gattin, Hedi ihre Schwester und einige neue Bekannte aus der Reha-Klinik. Eine lustige Gesellschaft, die sich köstlich amüsiert, Kuchen und Kekse ißt und mit einem Gläschen Sekt Tante Klärchen hochleben lässt.
Nach Feierabend schwingt sich Lichter schnell aufs Rad und ist in 5 Minuten bei Tante Klärchen. Er klingelt und überreicht Klärchen mit einem "Herzlichen Glückwunsch!" einen dicken Blumenstrauß. Aber, als er Klärchen ansieht, merkt er, das etwas nicht stimmt. Mit rotem Gesicht, aufgelösten Dauerwelllöckchen und unsicheren Schritten kommt sie ihm entgegen, lallt und versucht krampfhaft das Gleichgewicht zu halten.
"Klärchen, was ist los?"
"Gut, dass du da bist Hänschen. Mir geht es nicht gut. Ich fühle mich als ob ich schwebe. Dieser Schwebezustand macht mich ganz schwindelig....ich muss mich setzen."
Erschrocken begleitet Lichter sie ins Wohnzimmer. Dort schaut es auch nicht besser aus. Der Admiral hat seine Karawatte abgelegt, den Kragenknopf geöffnet und stiert mit hochroten Kopf an die Decke. Seine Frau, kichert ununterbrochen, die Hochsteckfrisur hängt und die Augen sind glasig.
Die anderen Gäste gröhlen und singen Sauflieder oder hängen mit glasigen Blick auf dem Sofa. Hedi versucht noch Haltung zu bewahren, aber auch schwebt mehr in anderen Gefilden.
Lichter verschlägt es bei diesem Anblick die Sprache. Bei diesen hochbetagen Leuten kann doch ein Gläschen Sekt nicht so ein Verhalten auslösen. Irgendwas ist hier faul, überlegt Lichter. Schnell ruft er einen Arzt an, der auch ganz fix da ist.
"Dr. Weinschnecke, was ist bloß mit dem Gästen los? Tantchen hat sie zum Geburtstagskaffee eingeladen und als ich nach einer Stunde kam, ist hier der Teufel los!"
Nach eingehender Untersuchung beordert der Arzt alle Gäste ins Krankenhaus und spricht Lichter auf seine Vermutung an.
"Kriminalinspektor Lichter, bei all den Personen, ist die Diagnose ganz klar. DROGEN! Und bei jedem gibt es andere Erscheinungsformen."
Lichter fällt der Kinnladen runter und schüttelt ungläubig den Kopf. "Drogen, bei den alten Leuten? Niemals!"
"Ja, ob sie es glauben oder nicht, die sind alle im Rausch. Das hätte ihnen doch auffallen müssen. Kleine Pupillen, glasiger Blick usw.. Daher ist es besser, die alten Leute für einen Tag im Krankenhaus zu behalten."
Nachdem Ruhe in Tante Klärchens Haus eingezogen ist, grübelt Lichter, wie es dazu kommen konnte. Er schaut sich um und sieht nur Krümel von den Keksen und Kuchen, leere Kaffeetassen und Sektgläser. Blumensträußer, Geburtstagskarten und Pralinenschachteln stehen herrum.
In der Küche findet er sein Stück Kuchen und die Kekse, die Klärchen ihm aufgehoben hat. Dann fällt sein Blick auf den Puderzucker. Sofort ist ihm klar, dass das vielleicht der Grund ist. Er probiert mit der Fingerspitze, das ist eindeutig Stoff!
Er sucht im Küchenschrank und findet die unbeschriftete Tüte. Klar, das kann nur die Droge sein und Tantchen hat gedacht, dies wäre Puderzucker!
Den kann nur Neffe Gunter dem Tantchen untergemogelt haben, kommt Lichter in den Sinn. In welchen faulen Geschäften hat der seine Finger wieder drin? Dieser Vollpfosten wird jetzt erstmal Besuch von mir bekommen. Diesmal in beruflicher Eigenschaft, grummelt Lichter, dabei habe ich doch eigentlich Feierabend!
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Neue Reizwörter:
Käsekuchen, Klopfen an der Fensterscheibe, Harley Davidson ( Motorrad), Spaghetti
(Post editiert am 12.10.2011 - 10:09) |